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Wald- und Wiesenvampire...und kein Van Helsing in Sicht!

 

 

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Sie lauern, sie kauern, sie warten denn so jagen sie. Sie sind Raubtiere, meist im Laub am Boden, oder im Gras, ihr nächstes Opfer erwartend...nicht nur im hohen Gras, auch auf frisch gemähten Wiesen kann man sie antreffen. Sie fallen ihre Opfer hinterrücks an, krallen sich fest...hauen ihre geifernden Beisswerkzeuge in ihre Opfer und saugen so viel Blut wie sie nur können.

Und sie sind geduldig, sie können jahrelang warten, auf Nahrung verzichten...sie haben Zeit, und die Vorfreude auf das Festmahl, so scheint es manchesmal, motiviert sie.

Und obwohl diese Räuber, diese Vampire, überall lauern, wissen wir doch so wenig über sie, sie sind abstoßend und faszinierend zugleich. Geheimnisumwitterte Blutsauger...und wir haben keinen Van Helsing...der Kampf scheint aussichtslos…

Die Rede ist nicht von den Nachkommen Vlad Draculas, die Rede ist von Ixodes ricinus, den Zecken!

Zecken sind für uns alle ein leidiges und beunruhigendes Thema. Obwohl diese Tiere eine ständige Bedrohung darstellen, wissen wir nur sehr wenig über sie, und das wenige das wir über sie wissen, ist ausgesprochen beunruhigend. Doch eines nach dem anderen…

Zecken leben meist an Waldrändern, Wiesen und Lichtungen, am Weges- oder Feldrand, sogar an Fluss- und Seeufern. Und nicht nur am Land, auch in Städten, in Parks, auf Rastplätzen oder Schwimmbädern. Im Grunde überall, wo Hundehalter mit ihren Lieblingen spazieren gehen, lauern auch diese Blutsauger! Jeder Spaziergang birgt daher auch das Risiko eines Zeckenstichs, allgemein auch Zeckenbiss genannt. Damit sie eine Chance zum “zubeißen” bekommt klettert die Zecke meist auf die Spitze eines Grashalms, Blüte oder eines Blattes, streckt sein vorderes Beinpaar aus und wartet bis ein geeignetes Opfer vorbeikommt. Wenn der Parasit mit dem Opfer in Berührung kommt, packt er schnell zu, und beginnt sogleich eine geeignete Stelle für sein “Picknick” zu suchen. Das sich Zecken von Bäumen oder dergleichen auf ihre Opfer fallen lassen, gehört jedoch ins Reich der Mythen. Tatsächlich reisen Zecken fast ausschließlich per Anhalter, viele Zecken bewegen sich ihr ganzen Leben (welches bis zu 9 Jahre dauert) vlt gerade einmal insgesamt 2 m aus eigener Kraft.

 

 

Zeck auf Blume
lauernde Zecke
Eine lauernde Zecke in "Jagdpose" und eine Zecke auf dem Weg zur Spitze eines Grashalms.
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Wo liegt jetzt das Problem? Das Problem ist, Die Zecke kann mit ihrem Stich eine Vielzahl von bekannten und unbekannten Krankheiten, oder besser, Erregern übertragen. Die Zecke selbst ist für den Hund im Grunde ungefährlich, selbst bei größerem Befall stellt der Blutverlust kein Problem dar. Die Gefahr geht also einzig und allein von den potentiell übertragbaren Krankheitserregern aus, welche beim Saugvorgang auf den Hund übertragen werden können. Tatsächlich sind Hunde, bezüglich einer Übertragung, wesentlich gefährdeter als Katzen.

Krankheiten die Zecken auf Hunde übertragen können sind zb:

1) Anaplasmose
2) Ehrlichiose
3) Babesiose
4) FSME
5) Borreliose
6) Leischmaniose

In diesem Artikel möchte ich allerdings eher auf die Borreliose eingehen, nicht nur weil es die einzige Erkrankung ist für die es, theoretisch, einen Impfschutz gibt, sondern auch deshalb, weil es die, in Österreich und Deutschland, am häufigsten, durch Zeckenstiche übertragene Erkrankung ist. 

Die sogenannte “Lyme Borreliose” wurde nach einem Ort in den USA benannt: Lyme. Zu den Borrelien gehören insgesamt 12 Erregertypen, von denen jedoch nicht alle für den Hund gefährlich sind. Als gefährlichster Stamm gilt “Borrelia burgdorferi sensu stricto”. Dieser Erreger kommt in Mitteleuropa jedoch nur sehr selten vor. Die Verbreitung liegt hier bei ca 10%. In den USA hingegen ist dieser Stamm sozusagen der Alleinherrscher. Er hat alle anderen Borrelien fast vollkommen verdrängt.
Warum ist das wichtig? Viele Impfstoffe gegen Borreliose stammen aus den USA. Klarerweise schützen sie aber nur gegen diesen einen Erregerstamm. Ein Stamm der bei uns hingegen kaum, bis gar nicht vorkommt. Deshalb ist es wichtig darauf zu achten, gegen welche Stämme der Impfstoff hilft. In Österreich benötigen wir eher Präparate gegen B. afzelii und B. garinii. Mit diesen beiden Stämmen deckt man im Grunde 80% der in Mitteleuropa vorkommenden Borrelienarten ab. Achtet bitte darauf.

Jetzt natürlich die Frage: Soll ich meinen Hund dagegen impfen lassen? Dies ist eine Frage die wohl niemand mit Ja oder Nein beantworten kann, es ist ein abwägen von Risiko und Nutzen. Aber schauen wir uns zunächst einmal an wie der Erreger übertragen wird, und wie gefährlich er für den Hund tatsächlich ist.
Nach dem Stich der Zecke erfolgt die Übertragung des Bakteriums in dem Moment wo der Parasit einen Teil seines Darminhaltes in den Wirt abgibt (der Darm der Zecke ist sozusagen der bevorzugte Lebensraum der Borrelien). Dies geschieht meist gegen Ende des Saugvorgangs. Also erst einige Stunden nach dem die Zecke das Tier gestochen hat.
Im Grunde hat man meist zwischen 16 und 24 Stunden Zeit die Zecke zu entfernen bevor es zu einer Übertragung des Erregers kommt. Also hier sehen wir schon einmal: Wir können das Risiko einer Infektion drastisch minimieren, indem wir unseren Hund regelmäßig und gründlich nach Zecken absuchen. Bei Kurzhaarhunden sicherlich eine einfache und effektive Variante der Vorbeugung, bei Langhaarhunden wird es dann natürlich mühsam.

Aber, ja jetzt kommt das gefürchtete aber: Es kann auch bereits vorher zu einer Übertragung kommen, aufgrund verschiedener Umstände. Viele Hunde sind zum Beispiel derart sensibel, das sie einen Zeckenstich spüren. Sie fangen dann unweigerlich an an dieser Stelle rumzubeißen, mit dem nicht so wünschenswertem Resultat das der Zeck verletzt oder überhaupt zerbissen wird. In diesem Fall setzt die Zecke die Erreger automatisch frei wenn der Hund sie verletzt oder quetscht.

Das gleiche passiert natürlich wenn ihr beim entfernen des Parasiten, anstatt den Kopf zu erwischen, den Körper der Zecke zusammen quetscht. Deshalb ist bei der Entfernung der Zecke auch äusserste Vorsicht geboten, schliesslich wollen wir den Parasiten entfernen damit er die Erreger NICHT in unseren Hund absetzt. Im Zweifelsfall lasst einen erfahrenen Tierarzt die Zecke entfernen.

Sollte es, trotz aller Vorsicht, doch zu einer Infektion kommen, kann eine rechtzeitige Antibiotikagabe die Infektion rasch und effektiv eindämmen. Der Vorteil: Im Gegensatz zum Menschen, zeigt sich eine Borreliose beim Hund sehr schnell, Angeschlagenheit, Müdigkeit, Fressunlust, Fieber sowie geschwollene Gelenke. Sofern man bei den ersten Anzeichen den Tierarzt aufsucht, besteht eine ausgezeichnete Heilungschance!
Zudem kommt, das man inzwischen davon ausgeht das nur ein geringer Anteil der Hunde die mit Borrelien infiziert werden, tatsächlich daran erkranken. Eine Studie von Professor Dr. Roland Friedrich vom Universitätsklinikum Gießen zeigte das in stark zeckenverseuchten Gebieten, rund 90% der getesteten Hunde Borrelien-Antikörper aufwiesen. Aber nur ein kleiner Prozentsatz der Hunde erkrankte tatsächlich an Borreliose, was den Schluss zulässt das es eine grosse Anzahl an Borreliose resistenten Hunden gibt, obwohl sie nie geimpft wurden.

Wir wissen jetzt das wir mit dem rechtzeitigen und korrekten Entfernen des Parasiten die Gefahr einer Infektion bereits stark minimieren können. Zudem scheinen viele Hunde, aufgrund früherer, unbemerkter, Infektionen, bereits eine Immunität zu besitzen. Und selbst wenn es zu einem Ausbruch der Erkrankung kommen sollte, ist sie bei rechtzeitiger Behandlung sehr gut heilbar. Trotzdem ist das alles keine 100% Garantie.

Bevor man eine Impfung durchführen lässt sollte man jedoch auch hier einige Dinge beachten: Erstens, und das wird von den meisten Impfstoff Herstellern ausdrücklich empfohlen, sollte man vorher den Hund auf bereits vorhandene Borrelien oder entsprechende Antikörper testen lassen. Da eine Impfung, sofern der Hund vlt schon mit Borrelien infiziert ist, zu Problemen führen kann. Es wird auch empfohlen nicht während der “Zeckenhauptsaison” impfen zu lassen, da es auch hier passieren kann das der Hund, kurz vor oder nach der Impfung mit Borrelien infiziert wird, welche dann eine Erkrankung auslösen können da der Hund durch die Impfung etwas geschwächt sein kann!

Dazu kommt natürlich das Risiko von eventuellen Nebenwirkungen der Präparate.

So oder so, egal ob man seinen Hund durch regelmässige Kontrolle, Spot on Präparate (das sind kleine Präparate die man meist in den Nacken tropft, welche sich dann in der Blutbahn verteilen und den Hund so für den Parasiten ungenießbar machen), Zeckenhalsbänder oder durch eine Impfung schützt, gibt es, wir ihr seht, genügend Möglichkeiten seinen Liebling effektiv vor Borreliose zu schützen, und das ist doch wunderbar! Welche dieser Strategien am effektivsten ist, müsst ihr ganz persönlich entscheiden. Bei den Spot On Präparaten sei lediglich zu beachten, das sie den Zeckenstich selbst meist nicht verhindern, sondern lediglich dafür sorgen das der Zeck sich nicht lange am Hund halten kann. Sprich auch hier haben wir sicherlich einen sehr guten Schutz vor Borreliose, aber keinen sicheren Schutz gegen die anderen übertragbaren Erkrankungen wie zb FSME. Hier machen sicherlich auch gute Zeckenhalsbänder Sinn, die die Wahrscheinlichkeit eines “Bisses” weiter absenken können (aber auch hier, kein 100% Schutz).

Das heißt: Trotz Borreliose Impfung und Spot On, seid ihr sicherlich gut beraten euren Hund trotzdem, nach jedem Spaziergang, zu kontrollieren. Denn im Gegensatz zu den Borrelien gelangen andere Erreger viel schneller in den Blutkreislauf eurer Fellnase. Aber egal ob es um FSME, Borreliose oder eine andere Infektion geht, das rechtzeitige entfernen des Parasiten schränkt in jedem Fall die Infektionsgefahr ein. Das solltet ihr immer im Hinterkopf behalten.
Zum Schluss möchte ich aber nicht unerwähnt lassen, welchen Nutzen Zecken in der Natur haben. Klar für uns sind sie leidige Parasiten die unseren lieblingen ans Blut wollen, was bei einem Sorge, Abscheu oder gar Aggressionen auslösen kann, aber in der Natur erfüllen Zecken einen wichtigen Zweck! Denn der Umstand der sie für uns und unsere Familie so gefährlich macht, nämlich die Tatsache das sie regelrechte Keimschleudern sind, macht sie für die evolutionären Vorgänge in der Natur extrem nützlich. Sie fungieren unter anderem als Immunstärker und sogar als Evolutionsbeschleuniger. Nur Tiere, mit einem starken immunsystem überstehen Zeckenbisse, Zecken stärken auf lange Sicht gesehen (wie übrigens viele Parasiten) also wildlebende Tierpopulationen. Was der ganzen Spezies zugute kommt.

Trotzdem gibt es vieles das wir noch nicht über Zecken wissen, verständlicherweise interessiert die meisten Menschen nur, was sie für Krankheiten übertragen, und wie man sie sich vom Leib halten kann, aber ich finde es ist auch wichtig im Hinterkopf zu behalten, das eine jede Spezies, egal wie nervtötend oder sogar gefährlich sie für uns und unsere Familien sein kann, einen Nutzen hat, und ein wichtiger Bestandteil der Natur ist.

Trotz allem, ist ihr Platz sicherlich in der Natur, und nicht auf meinem Hund...Basta!

Zum Schluss möchte ich euch noch ein kleines Diagramm zeigen welches ich erstellt habe. Es zeigt wo und mit welcher Wahrscheinlichkeit die kleinen Blutsauger euren Hund am liebsten “anzapfen”. Die prozentualen Angaben stammen von der vet. med. Universität Wien und stellen sicherlich nur einen ungefähren Richtwert dar, denn es gibt viele Faktoren die Einfluss darauf haben wo euer Hund am ehesten von Zecken gestochen wird.

 

 

Grafik Zecken
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Und am Ende brauchen wir im Kampf gegen diese Blutsauger keinen Van Helsing, denn für unsere Hunde muss ein jeder von uns zu einem Van Helsing werden, welcher den ewigen Kampf gegen die Blutsauger aufnimmt, um unsere Lieblinge zu schützen. Und wenn eure Hunde euch jetzt mit strahlenden Augen und einem dezenten Wedeln anlachen, versteht ihr vlt warum sie in euch ihre ganz persönlichen Helden sehen.


 

 

Nach dem Erstgespräch steht die Umsetzung des erarbeiteten Trainingsplanes an. Feinschliff ist hier angesagt wenn es darum geht, letzte Anpassungen an dem individuellen T...
Trainingseinheit: Hund
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